Das Zweite Jahrzehnt: 1917 - 1927

Von 1914 bis 1918 tobte auf den europäischen Schlachtfeldern der Erste Weltkrieg. Auch viele junge Marktbreiter zogen voller Siegesgewissheit ins Feld. Doch am Ende des Krieges waren hunderte von Opfern zu beklagen – einige davon auch in der Zivilbevölkerung. Der Verein für Computergenealogie listet für Marktbreit allein ganze 273 Einträge, einige davon allerdings doppelt. (Quelle: www.des.genealogy.net)

Spende eines SPD Mitglieds an Notleidende während der Inflationszeit
Nach 1918 herrschte eine galoppierende Inflation. Die Arbeiterschaft wurde am schlimmsten davon betroffen. In dieser Zeit spendete der wohlhabende Marktbreiter Kaufmann Friedrich Ernst eine Summe von 25.000 Reichsmark „mit dem Wunsche, für minderbemittelte Einwohner, Parteigenossen und Stärkung der Parteikasse Sorge zu tragen“ (Quelle: Stadtarchiv Marktbreit). Die Solidarität mit den Schwachen war es, die nicht Parteizughörigkeit, sondern Bedürftigkeit als erstes Kriterium zur Unterstützung erhob!

(Quelle: Stadtarchiv Marktbreit)

Die Anhänger der SPD in Marktbreit prangerten die wirtschaftliche Not an. Ein Marktbreiter Student des Musikkonservatoriums Würzburg namens Karl Weihsberger wurde sogar mehrfach aktenkundig, als er beim Bezirksmaifest 1923 der SPD in Marktbreit zusammen mit anderen, mutmaßlichen Kommunisten, nicht nur Spottlieder auf Gott und die Pfarrer, sondern auch die Marseillaise sangen. Dieses Lied ist zwar heute die Nationalhymne Frankreichs, ist aber eigentlich ein Lied in dem zur Revolution und zum Kampf aufgestachelt wird. Zudem war 1923 Frankreich ein verhasster Gegner.

Die etablierte Bürgerschaft Marktbreits war empört. Der Stadtrat ahndete dieses Vergehen, das „allgemeine Ärgernis“ und „größte Erbitterung“ hervorgerufen habe mit einer Strafanzeige. (Quelle: Stadtarchiv Marktbreit). Über das weitere Schicksal dieses Mannes, der vielleicht beim Ersten Mai auch ein paar Gläschen zu viel getrunken hatte, ist nichts bekannt. Heutzutage, wo respektloses, ja verleumderisches Reden in sozialen Medien gang und gäbe ist, würde ein solches Verhalten nicht einmal auffallen!

Nach dem ersten Weltkrieg war der erste Reichskanzler der Sozialdemokrat Friedrich Ebert (1919-1925). Ab 1922 befand sich die SPD überall in der Opposition. Nach dem Rücktritt Eberts riefen die Marktbreiter Sozialdemokraten unter Führung von Johann Hartner zur Wahl des sozialdemokratischen Kandidaten Otto Braun auf. Dieser schnitt zwar gut ab, musste sich aber letztlich gegen den früheren General Paul von Hindenburg geschlagen geben. Hindenburg wurde mit 77 Jahren im Jahre 1925 direkt vom Volk zum Reichspräsidenten gewählt. Er würde wenige Jahre später, Adolf Hitler zum Reichskanzler berufen. Doch dazu in der nächsten Folge.